Es war einmal und ist noch so

Eine autobiografische Skizze von Wolf-Dietmar Stock


Das Leben des Malers und Verlegers Wolf-Dietmar Stock zerfällt in zwei Teile. Der erste ist „Das Leben eines Taugenichts". Dieses war ein Stück Literatur in der Schule, welches den 17-jährigen begeisterte. Er entdeckte, dass das Leben nicht nur aus Materie und Pflichtgefühl besteht, sondern auch aus Phantasie und Geist.

 

Seine Eltern ließen ihn gewähren, wissen, dass der Klassenkleinste im Leben nur eine Chance hat, wenn er studiert. Die Mutter hat Oberstudienrat für ihn vorgesehen, das war der höchste Titel, der den elterlichen Elektro-laden im Dorf am Geestrand (Oyten) je betreten hatte. Sie ließen ihn sogar das Studium Generale in Tübingen machen, wussten nicht, dass es das Land von Hölder-lin war, dessen Gedichte er stets in der Jackentasche trug, wenn er am Wochenende die Schwäbische Alb durchstreifte und Bilder malte.

 

Angeregt durch Ernst Bloch, begann er Philo-sophie und Theologie zu studieren, er hat vergessen, ob er Theologie studierte, um nicht bei der Bundeswehr zu dienen. Er hatte bereits bei den Pfadfindern eine paramilitä-rische Ausbildung genossen. Das sollte erstmal reichen.

 

Sein Studium dauerte lange. Als er es abschloss, war er Religionspädagoge mit Lehrbefähigung, hatte aber gleichzeitig eine Ausbildung als privater Malschüler des in Kuhstedt bei Bremervörde lebenden Malers Alfred Wiegmann hinter sich. „Sie haben alles bekommen, was ich in vier Jahren auf der Düsseldorfer Akademie vor 50 Jahren lernte und noch das, was ich mir selber beibrachte. Mehr kann ich ihnen nicht bieten", sagte sein Lehrer und schickte ihn nach Paris. Stock schrieb sich in der Acade-mie de la Grande Chaumiere ein, wusste damals nicht, dass es dieselbe war, in der  7o Jahre vor ihm auch Paula Modersohn und Clara Westhoff oder Elisabeth Büchsel studiert hatten.

 

Er konnte seine Bilder in Worpswede in der Großen Kunstschau und im Haus am Weyerberg anbieten. Er war ein Geheimtip für Kunstsammler. Von der Kunst zu leben, war sein Ziel, er tauschte im Achimer Farbengeschäft Freyer Bilder gegen Ölfarben, erste Mäzene meldeten sich.

 

Ein Möbelhändler, der ihm regelmäßig für 100 Mark Bilder abkaufte. Und oft war sein Onkel im Atelier, Lehrer in Rotenburg. Der kaufte ihm Bilder ab, ohne sie mitzuneh-men. Tante Luise sollte es nicht wissen. Die Geschichte kam dem Maler irgendwie bekannt vor. Er kannte den Briefwechsel zwischen Vincent und Theo van Gogh.      Wie sollte das nur enden?

 

Inzwischen hatte sich bei seinen Eltern ein Schuldenhaufen von 22.000 Mark für den Bau seines Ateliers angesammelt. Den wollte er unbedingt abräumen. So ging er in den Schuldienst. Eine Woche später machte ihn ein Nordschaubeitrag bekannt, verkaufte die Hälfte der Bilder, die im Schwenk der Kamera zu sehen waren.

 

Trotzdem stand er vier Jahre im Schuldienst mit 44 Schülern (Bremen-Marßel). Er kämpft für kleine Klassen, weil er den Schülern als Mensch und Person zur Verfügung stehen wollte. Er wurde von den Schülern als Vertrauenslehrer gewählt. Viele Bremer kennen ihn aus dieser Zeit.

 

Er trat nach vier Jahren freiwillig aus dem Schuldienst aus und wurde wieder Maler. Überlegte sich ein zweites Standbein. 1975 meldete er den Verlag Atelier im Bauern-haus beim Börsenverein des deutschen Buchhandels an. Maler und Verleger, so stand er im Branchenbuch. Es kamen viele Anfragen. Er soll Teppiche verlegen und Anstriche machen.

 

Vielleicht wäre das eine sichere Laufbahn gewesen. Aber auch die Buchhändler riefen an, wollten mehr von seinem ersten Heimatbuch, Butjadingen, er hatte es selber illustriert. Eine bibliophile Kostbarkeit. Der Verlag lief. Das Malen blieb für ihn wichtig. Er malte mehr für sich, nicht mehr zum Verkauf, die Bilderliebhaber sagten, dass seine Bilder seit damals besser wurden.

 

Der berufliche Umgang mit den Worpsweder und Fischerhuder Malern, den Hiddenseern, Ahrenshoopern und Hamburgern war ein immantenter Fortbildungslehrgang für ihn. Sie waren Teil einer großen europäischen Bewegung „Zurück zur Natur!" Er sog sie in sich auf. Das verspielte Impressionistische in seinen Bildern weicht Monumentalem, subjektives Empfinden wurde stärker, Symbolik trat in die Bilder ein. Seine Wege haben eine Perspektive.

 

Seine Mitarbeiter forderten ihn oft zum Malen auf. Ihn trieb es in die Ferne. Formentera ist Ursprung. In Afrika malt er Marktszenen mit großem Pinselstil. Ist mit der roten Erde und den fröhlichen Menschen verbunden, wird frei.

 

Zu Hause bleibt es am schönsten, er entdeckt die Heimat neu, erobert Flüsse - per Boot, mit dem Fahrrad, mit Pinsel und Palette. Konzipiert Ausstellungen und Bücher über sie: Weser, Wümme, Oste, Hunte und jetzt Este.

 

Eichendorf und Hölderlin sind bis heute seine Freunde geblieben. Viele neue hat er dazu gewonnen. Die Achtung vor der Natur ist eine leise, aber wichtige Botschaft in seinen Bildern geblieben.

 

rühwerk: Sommerfest im Rokoko, Tuschzeichnung (1963)

Frühwerk: Sommerfest im Rokoko, Tuschzeichnung (1963)

Frühwerk: Kühe auf der Weide  (ca. 1960)

Frühwerk: Kühe auf der Weide  (ca. 1960)

Frühwerk: Bauernhaus unter Föhren, Öl (1963)

Frühwerk: Bauernhaus unter Föhren, Öl (1963)

Ein typisches Gemälde von Alfred Wiegmann aus Kuhstedt, dem Lehrer von Wolf-Dietmar Stock

Ein typisches Gemälde von Alfred Wiegmann aus Kuhstedt, dem Lehrer von Wolf-Dietmar Stock

Ein Frühwerk, das den vorüber-gehenden Einfluß von Alfred Wiegmann zeigt (1976)

Ein Frühwerk, das den vorüber-gehenden Einfluß von Alfred Wiegmann zeigt (1976)

Frühwerk: Blick auf die Hamburger Alster, Öl (1965)

Frühwerk: Blick auf die Hamburger Alster, Öl (1965)

Frühwerk: Sommertag an der Weser, Öl (1964)

Frühwerk: Sommertag an der Weser, Öl (1964)

Erstes Werk aus dem Verlag Atelier im Bauernhaus, illustriert von Wolf-Dietmar Stock (1975)

Erstes Werk aus dem Verlag Atelier im Bauernhaus, illustriert von Wolf-Dietmar Stock (1975)

Bremens Bürgermeister Hans Koschnik eröffnet 1985 die Galerie Stock in Fischerhude

Bremens Bürgermeister Hans Koschnik eröffnet 1985 die Galerie Stock in Fischerhude

Wolf-Dietmar Stock vor einigen seiner besonders schönen Werke

Der Künstler vor einigen seiner besonders schönen Werke

In Afrika ist Wolf-Dietmar Stock "mit der roten Erde und den fröhlichen Menschen verbunden, wird frei."

In Afrika ist Wolf-Dietmar Stock "mit der roten Erde und den fröhlichen Menschen verbunden, wird frei."

Wolf-Dietmar Stock beim Malen in Fischerhude


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